Sehr geehrte Maklerinnen,
sehr geehrte Makler,
Google hat es eingesehen: Allein mit Algorithmen lässt sich der Versicherungsvertrieb nicht stemmen. Aus diesem Grund zieht sich der Suchmaschinenbetreiber wieder aus der Versicherungsvermittlung zurück, bevor er damit in Europa richtig Fuß fasste. Wenn es wirklich eines überzeugenden Beweises bedurfte, dass die Untergangsszenarien, denen zufolge Google nun auch den Maklern das Wasser abgräbt, mit Gelassenheit zu betrachten sind, dann hat Google ihn mit der eigenen Absage selbst geliefert. Je mehr Hektik und Unsicherheit herrscht, umso wichtiger ist es, Ruhe zu bewahren, einen Schritt zurückzutreten und den Blick aufs Wesentliche zu richten. Das gilt auch für das Verhältnis Mensch/Maschine. Im Rausch der Digitalisierung wird leicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Suchmaschinen, Apps, Online-Plattformen und Vergleichsrechner sind nützliche Vehikel für den Berater, ersetzen aber dessen Erfahrung, Kompetenz und Menschenkenntnis nicht.
Aber wie viel App braucht der Mensch? Auf diese Frage wird es keine endgültige Antwort geben, weil die App von morgen eine andere sein wird als die von heute. Aber eines lässt sich heute schon sagen. Software, so ausgeklügelt sie auch sein mag, ist immer nur Werkzeug, Mittel zum Zweck.
Sie ersetzt das Gespräch nicht, nicht die Überzeugung des Kunden und die Akquise von Geschäft ebenso wenig, kann all das aber deutlich erleichtern. Untersuchungen, die unlängst veröffentlicht wurden, machten eines deutlich: Selbst junge Menschen, die mit Smartphone und Internet aufgewachsen sind, legen dennoch Wert auf den unmittelbaren Kontakt zu einem Berater, wenn sie sich mit Versicherungsangelegenheiten beschäftigen.
Die Kontakte zu den Kunden wird die digitale Maschinerie also nicht überflüssig machen, aber unkomplizierter, schneller und weniger aufwändig. Wenn der Berater die Fahrt zum Wohnort des Kunden spart, weil beide von verschiedenen Aufenthaltsorten aus online einen Blick auf einen Vertrag oder einen Depotstand werfen können, bleibt unter dem Strich mehr Zeit für die eigentliche Beratung. Wenn das im Büro vorbereitete Vertragsangebot aufs Tablet überspielt und dort mit elektronischer Signatur abgeschlossen werden kann, entfällt eine Menge Papierkram. Wenn alle Schritte automatisch dokumentiert werden, muss nicht im Nachgang aufwändig ein Beratungsprotokoll erstellt werden. So viel App braucht ein Berater heute tatsächlich, wenn er sich in dem von immer mehr Regulierung und erodierende Vergütungen geprägten beruflichen Umfeld behaupten will.
Das Begriffspaar lautet also nicht Mensch oder Maschine, sondern Mensch mit Maschine. Berater mögen durchaus stolz darauf sein, dass sie in der Vergangenheit nur mit Stift und Papier Kunden für die Vorsorge gewinnen konnten, für die nun anstehenden Herausforderungen in unserer Branche bedarf es digitaler Werkzeuge. Aber es bleiben eben Werkzeuge.
Ihre Dr. Eva-Marie Lemke
Unser Fachmagazin erscheint zwei Mal im Jahr. Erfahren Sie mehr über strategische und konzeptionelle Vertriebsideen, Akquisemöglichkeiten, außergewöhnlich erfolgreiche Produktideen aus den bereichen Kapitalanlagen, Versicherungen und Finanzierungen.